Kunst sollte zum Nachdenken anregen

FERTIGSTELLUNG DER A49

Kreativer Widerstand gegen die Autobahn

Schwalm-Eder – Viele Zeitgenossen kennen den Ars Natura-Wanderweg, der seit dem Jahr 2001 auch den Schwalm-Eder-Kreis durchzieht. Etwas weniger bekannt dagegen ist ein Kunstweg zwischen Neuental-Waltersbrück und Neustadt-Speckswinkel.

Als Protest gegen den Autobahnbau errichtete die Bürgerinitiative (BI) „Schwalm ohne Autobahn“, gegründet im März 2006, ab dem Jahr 2009 den Kunstweg 49a, der parallel zur Trasse der A49 liegt und mehr als ein Dutzend Kunstwerke bereits umfasst, 49 waren insgesamt angedacht, die sich sehr unterschiedlich mit der Thematik der Eingriffe der Menschen in die Natur befassen.

Wie nun der Bau der A49 und die Auseinandersetzung um diese Geschichte sind, so ist auch der Kunstweg in Teilen bereits Geschichte. Ab dem Jahr 2009 wurde mit dem Aufbau des Kunstwegs begonnen, der unter dem Motto „Kultur in und für die Natur“ stand und damit nicht nur Protest akzentuierte, sondern auch versuchte, Alternativen zu bieten. Gleichzeitig verwies die Einbeziehung von Bäumen in die Kunstwerke, die entweder integriert oder neu gepflanzt wurden, auf die Bedeutung des Landschaftsraums für den Menschen hin. Die Werke waren in einer Gemeinschaftsaktion zwischen der BI und umweltbewussten Künstlern entstanden.

■ Trasse

Ursprünglich standen viele Werke auf der geplanten Trasse. Deshalb wurden einige beim Bau abgerissen, andere abgebaut, wieder andere an neuen Standorten ein zweites Mal errichtet. Wieder anderen Werken setzte die Witterung derart zu, dass sie heute in einem schlechten Zustand befinden. So gesehen war der Kunstweg prozesshaft konzipiert, und damit einer ständigen Veränderung begriffen. Dazu mussten auch schon sehr früh Rückschläge hingenommen werden. Kunst im öffentlichen Raum muss immer leider mit der Gefahr von Vandalismus rechnen, so auch hier.

Die im Oktober 2010 bei Neuental-Schlierbach aufgestellte Installation des Künstlers Bernd Gumpfer wurde bereits einen Monat später zerstört. Als Reaktion darauf schuf der Künstler eine überdimensionale Kerze, in der Hoffnung, dass den Verantwortlichen in der Verkehrspolitik doch noch ein Licht aufgehen möge. Dieses Werk existiert noch, allerdings in einem bedauernswerten Zustand.

■ Aktionskunst

Unweit von Schwalmstadt-Rommershausen befand sich erstmals das Werk „49 Vögel“ des Hundshäuser Künstlers Martin Burgberg. Dieser stiftete im Verlauf des Jahres 2014 dem Kunstweg 49a Keramikvögel. Die BI realisierte ein Werk, das an den jahreszeitlich bedingten Vogelzug erinnert, in dem die Vogelköpfe auf Eisenstangen montiert und im Formationsflug gezeigt und durch eine Schwälmer Bezzel ergänzt wurden, um auch den lokalen Bezug herzustellen. Aufgrund der Konstruktion des Werkes wurde dieses nur temporär gezeigt, stattdessen flankierte es mehrfach Aktionen der BI.

Zwischen Schwalmstadt-Dittershausen und Jesberg-Elnrode-Strang befindet sich an der Straße eine Installation unter dem Titel „Festgefahren“ nach einer Idee des Borkeners Ulrich von Teubern. Auch hier hat die Zeit am Werk genagt. Das am 26. Mai 2014 enthüllte Werk zeigt ein mit dem Vorderrad einbetoniertes Fahrrad. Thematisiert wird hier der Kampf um eine veränderte Mobilität, weg vom Individualverkehr mit dem Auto. Rückschläge auf diesem Weg werden durch die abfallende Dynamik des Werkes symbolisiert. Dagegen setzt die nebenan gepflanzte Hoffnungs-Linde einen ganz anderen Akzent.

■ Pyramide

Aber es entstand auch ein großes Gemeinschaftswerk, welches unter dem Titel nahezu schon dadaistischen Titel „Spitzbetzel“ an der Landstraße von Treysa nach Gilserberg in Höhe des Abzweigs nach Schwalmstadt-Florshain realisiert wurde und heute noch gut erhalten ist.

Zwischen dem 13. Mai und dem 19. November 2011 wurde eine Pyramide aus 62 Tonnen Material, vorwiegend einheimischer Sandstein, aufgeschichtet. Ergänzt wurde die Pyramide durch zwei Pyramidenpappeln. Wegen des Kunstwerks wurde später sogar ein Wirtschaftsweg umgeplant und um die Pyramide herumgeführt wurde. Die Spitzbetzel-Pyramide korrespondiert zudem direkt mit der einer zweiten, der Klang-Pyramide, einem Werk, das im Juni 2013 aufgestellt wurde.

Gut erhalten und oft betrachtet wird noch heute das Werk „Denk Mal, Hör Mal, Guck Mal“ von Johannes Schaaf aus Neuental-Bischhausen. Die Sandstein-Skulptur wurde im Juni 2017 an der Autobahnbrücke in Bischhausen aufgestellt. Die Arbeit weist symbolisch daraufhin, wie der Autobahnbau die Landschaft regelrecht zerschnitten hat und warnt zugleich vor zukünftiger Lärmbelastung.

■ Solidarität

Dazu existierte zeitweilig ab Februar 2022 ein weiteres Werk an der Autobahnauffahrt Neuental in Richtung Kassel, welches auch einen Baum als zentralen Bestandteil hatte, aber nicht direkt zum Kunstweg 49a gehörte.

Spontan wurde auf Initiative von Klaus Hottmann (1948 bis 2023) ein abgestorbener kleiner Baum mit blauen und gelben Kunststoffstreifen verziert, die im Wind flatterten, um Solidarität mit der Ukraine zu bekunden, die sich seit Putins Überfall am 24. Februar 2022 im Krieg gegen Russland befindet. So gesehen funktioniert der Kunstweg 49a konzeptionell auch noch heute.

Hinweis: Zum Kunstweg 49a gibt es eine Internetseite unter der Adresse kunstweg49a.de


THOMAS SCHATTNER

Quellenangabe: Fritzlar-Homberger Allgemeine vom 23.12.2024, Seite 2